Was ist digitale Gewalt?

Ähnlich wie Hass im Netz ist auch digitale Gewalt ein Oberbegriff, der verschiedene Formen der Herabsetzung, Belästigung, Diskriminierung, sozialen Isolation und Nötigung anderer Menschen online umfasst.

Digitale Gewalt ist der Einsatz digitaler, virtueller oder online-kommunikativer Mittel, um einer anderen Person gegen ihren Willen a) Schaden zuzufügen, b) sie dem eigenen Willen zu unterwerfen oder c) der solchermaßen ausgeübten Gewalt durch Gegen-Gewalt zu begegnen.
(vgl. hierzu die Soziologische Definition von Gewalt der Bundeszentrale für politische Bildung (Schubert, Klaus/Martina Klein: Das Politiklexikon. 7., aktual. u. erw. Aufl. Bonn: Dietz 2020.))

Durch die zentrale Stellung der Beeinflussung des Willens der betroffenen Person, obliegt es ausschließlich dem/der Betroffenen zu beurteilen, welche Handlungen als gewaltvoll erlebt werden und welche nicht. Der Begriff der digitalen Gewalt nimmt somit stets die Perspektive der betroffenen Person ein. 

Digitale Gewalt umfasst unter anderem:

  • Beleidigende Privatnachrichten in sozialen Medien oder beleidigende öffentlich einsehbare Kommentare, die sich gegen Einzelpersonen richten
  • Beleidigungen in E-Mails
  • Verbreitung von beweisbar falschen Behauptungen über bestimmte Personen in den sozialen Medien, auf Blogs oder Websites
  • Digitale Verbreitung von nicht beweisbaren Behauptungen über bestimmte Personen, die diese schädigen könnten
  • Bedrohung durch das Androhen von Straftaten oder auch Erpressung, wenn eine Person bedroht wird, wenn sie eine bestimmte Handlung (nicht) durchführt
  • Hassrede / Hatespeech 
  • Digitales Mobbing von Einzelpersonen durch eine große Gruppe von Täter*innen, oft über zahlreiche Plattformen hinweg (Cybermobbing)
  • Wiederholte belastende digitale Kontaktaufnahme (Cyberstalking oder Nachstellung) 

In einer Welt, in der viele Aspekte unseres Zusammenlebens von digitalen Medien durchdrungen sind (z.B. Online-Freundschaften, Homeoffice, Online-Events, Shopping-Kultur, Online-Behördengänge, …), ist zwischen online und offline, zwischen digital und analog oft keine klare Grenze mehr zu ziehen. Somit ist auch digitale Gewalt zwangsweise eng mit analoger Gewalt verknüpft. 

Mitunter setzt sich analoge Gewalt online fort, in anderen Fällen überträgt sich digitale Gewalt auf das analoge Leben. 

Unterschiede zwischen digitaler und analoger Gewalt:

  • Für Täter*innen ist die Hemmschwelle für digitale Gewalt niedriger, denn eine körperliche Gegenwehr ist nicht möglich. Auch findet die Interaktion asynchron statt. Das bedeutet, dass Täter*innen nicht mit der emotionalen Reaktion der Betroffenen umgehen müssen.
  • Gewalt ist rund um die Uhr möglich und erfordert kein Zusammentreffen zwischen Täter*innen und Angegriffenen.
  • Digitale Gewalt findet vor einem potenziell riesigen Publikum statt und kann unvorhersehbare und nachhaltige Schäden anrichten – für die betroffenen Personen sowie für Demokratie und Gesellschaft.
  • Täter*innen können leichter anonym bleiben. Während es analog immer Anhaltspunkte zur Person gibt, selbst wenn sich Opfer und Täter*in nicht kennen, bietet das Netz Angreifer*innen eine (vermeintliche) Anonymität, in der sie denken, sich verstecken zu können.
  • Online kann die Zahl der Täter*innen sehr groß sein. Betroffene werden nicht selten gezielt und organisiert von Hunderten oder Tausenden Accounts angegriffen. Analoge Übergriffe mit einer derart hohen Zahl an Angreifenden sind sehr selten bis logistisch unmöglich. Psychisch wirken solche digitalen Angriffe aber wie ein vergleichbarer analoger Übergriff.