Sextortion: Von Scham zur Strafanzeige



Erpressung mit Nacktbildern: Sextortion trifft immer mehr Menschen. Viele fühlen sich ohnmächtig,schämen sich und zahlen hohe Summen an die Täter*innen. Doch auch diese Form der digitalen Gewaltmuss nicht ausgehalten werden. Betroffene können sich wehren. Die HateAid-Beratung gibt Tipps. Stellt euch vor: Ihr schreibt schon länger mit einer Person auf einer Dating-Plattform wie Tinder, Hinge oder… Mehr lesen »Sextortion: Von Scham zur Strafanzeige

Erpressung mit Nacktbildern: Sextortion trifft immer mehr Menschen. Viele fühlen sich ohnmächtig,
schämen sich und zahlen hohe Summen an die Täter*innen. Doch auch diese Form der digitalen Gewalt
muss nicht ausgehalten werden. Betroffene können sich wehren. Die HateAid-Beratung gibt Tipps.

Stellt euch vor: Ihr schreibt schon länger mit einer Person auf einer Dating-Plattform wie Tinder, Hinge oder Grindr. Ihr versteht euch gut und ihr verabredet euch zu einem Videocall. Dieser beginnt mit einem netten Gespräch, dann zieht sich euer Flirt langsam aus und fordert euch auf, mitzumachen. Ihr folgt der Aufforderung. Schließlich beendet ihr das Gespräch – nur um kurz danach eine Nachricht mit Screenshots von der Aktion zu erhalten. Der*die Absenderin fordert: „500 Euro oder die Nacktbilder gehen an all deine Instagram-Kontakte.”

© Yura Fresh I Unsplash

Sextortion – eine wachsende Bedrohung im Internet

Hinter dem Begriff „Sextortion” stecken die englischen Worte „sex” und „extortion” (Sex und Erpressung).
Auf Plattformen wie zum Beispiel Dating-Apps, Instagram oder per E-Mail starten Täterinnen zunächst belanglose Gespräche. Sie bauen Vertrauen auf und fordern im weiteren Verlauf Nacktaufnahmen oder sexuelle Handlungen in Videocalls. Gehen die Betroffenen auf diese Forderungen ein, drohen die Täterinnen anschließend mit der Verbreitung des Materials und verlangen Lösegeld, um dies zu verhindern.

Eine andere Variante des Betrugs besteht darin, lediglich vorzutäuschen, dass intimes Material vorliegt. Die Täterinnen erzählen eine glaubhafte Geschichte, wie sie an das Material gekommen sind, und fordern dann einen Geldbetrag, um eine Veröffentlichung zu verhindern.

Betroffene merken oft erst zu spät, dass sie in eine Falle geraten sind. Scham, Ohnmachtsgefühl und Handlungsunfähigkeit folgen. Viele zahlen das geforderte Geld, weil sie keinen Ausweg sehen. Es ist wichtig darauf aufmerksam zu machen, dass solche Gewalttaten immer die Schuld der Täterinnen ist und nicht die, der Betroffenen.

Die Erpresser*innen nutzen gekonnt die Emotionen der Betroffenen als Druckmittel und verfolgen perfide Strategien, mit denen sie Vertrauen aufbauen. Diese können so glaubwürdig und überzeugend sein, dass niemand davor geschützt ist. Damit sich Betroffene trauen, dagegen vorzugehen und die Taten geahndet werden, muss die Stigmatisierung hinter sexualisierter Gewalt abgebaut werden.

© Good Faces Agency I Unsplash

Sexuelle Erpressung: Immer mehr sind betroffen

Unterschiedliche Recherchen zeigen, dass mit der Betrugsmasche weltweit bereits Geld in Milliarden
-höhe erpresst wurde. Auch das Bundeskriminalamt warnt mittlerweile ausdrücklich vor dieser Form der sexualisierten digitalen Gewalt.

Die Fälle von sexueller Erpressung in der HateAid-Beratung nehmen seit ungefähr zwei Jahren stetig zu. Betroffene melden sich gehäuft über den Beratungschat und wollen anonym bleiben. Dies bestätigt die Beobachtung, dass ein großes Schamgefühl bei den Betroffenen vorliegt.

Die Erfahrungen der HateAid-Beraterinnen zeigen, dass sich häufiger Männer melden, die von Sextortion betroffen sind. Ein Großteil davon wird mit Geldforderungen erpresst und hat bereits eine erste Zahlung geleistet.

Dies verdeutlicht den enormen Druck und die tiefe Hilflosigkeit, die Sextortion bei den Betroffenen auslöst. Infolgedessen werden viele Vorfälle nicht gemeldet, weshalb Expertinnen von einer hohen Dunkelziffer ausgehen.

Handlungsmöglichkeiten für Betroffene: Ihr könnt euch schützen!

Die HateAid-Beratung empfiehlt die drei wichtigsten Tipps, wenn ihr betroffen seid:

  • Zahlt nicht: Geht nicht auf die Forderungen ein! Häufig steigern sie sich weiter: Oft werden
    weitere sensible Inhalte, Daten oder Fotos erpresst, die dann ein noch größeres Druckmittel
    bieten.
  • Sichert Beweise: Erstellt rechtssichere Screenshots der Nachrichten oder Bilder.
  • Erstattet Strafanzeige: Wenn ihr eure Adresse bei der Anzeige nicht angeben möchtet, könnt ihr
    dies mit der Polizei besprechen.

Ihr könnt euch jederzeit an die HateAid-Berater*innen wenden. Sie helfen euch, wenn ihr Betroffen seid oder wenn ihr Sextortion bei anderen mitbekommt.

Autor*in

Emma Bombien